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Gedanken zum Volkstrauertag.

Gedanken zum Volkstrauertag.

Gedanken zum Volkstrauertag
von Josepha Franziska Konsek

Und wieder steht sie uns bevor, die Trauerwoche, die in den grauen von Nebelschwaden umhüllten November fällt. Dem Monat im Jahr, der wohl fast jeden von uns Menschen zu Stimmungsschwankungen veranlasst. Wie von grauer Geisterhand werden wir an Begebenheiten erinnert, die wir so gerne weit, weit weg von uns schieben würden. Aber da ist er schon, der Volkstrauertag. Der Tag an dem wir der Soldaten gedenken, die ihr Leben in den Kriegen für uns ließen in den Zeiten, die, was den Zweiten Weltkrieg betrifft, seit über 60 Jahren der Vergangenheit angehören. Wir verneigen uns tief vor dem Schicksal dieser Menschen, für die es sich so grausam erfüllt hat. Aber es ist nicht nur das Schicksal dieser Soldaten vor dem wir uns verneigen. Wir denken an die Eltern, die ihre Söhne verloren, an die Frauen und Kinder, denen Mann und Vater genommen wurde. Wir denken an die Menschen, die ihres Glaubens und ihrer Einstellung wegen ermordet und verfolgt wurden.
Wenn ein junger Mensch sagt:
„Opa, das ist doch Schnee von vorgestern, muss das denn nun immer wieder aufgewärmt werden?“
Das ist eine durchaus legitime Frage und Feststellung. Für die Menschen von heute müsste dieser Tag anders heißen. Volkserinnerungstag vielleicht.
Uns ältere Menschen bewegt nicht nur die Trauer alleine, es ist auch die Kollektivschuld, die uns voller Scham den Blick senken lässt.
Für die jungen Menschen gehört das alles der Geschichte an; und das ist auch gut so. Aber wir müssen ihnen sagen, dass die immer wiederkehrende Erinnerung an diese schreckliche Zeit nicht versiegen darf. Denn es ist gerade diese Erinnerung, die unsere Sinne für die Begebenheiten der Gegenwart und für die Zukunft schärft. So dass sich niemals wieder ein ganzes Volk von einer Schar von Rattenfängern in den Abgrund ziehen lassen kann.
Nach dem Volkstrauertag folgt für die evangelischen Christen der Buß- und Bettag. Er bietet die Gelegenheit, um Vergebung und Versöhnung zu bitten.
In diesem Jahr, 68 Jahre nach dem schrecklichen Ereignis der Reichsprogromnacht, wurde uns die Hand zur Versöhnung gereicht.
„Zelt Jakob“ wurde nicht nur als Gotteshaus wieder aufgebaut, sondern es ist auch ein Zeichen des Vertrauens dem deutschen Volk gegenüber. Eine Geste der Versöhnung und des Verständnisses füreinander und miteinander. Eine Bitte an junge Menschen, mit offenen Augen durchs Leben zu gehen, zu lernen und Toleranz zu üben. So wurde mit uns, kurz vor dem Tag des heiligen Martin nicht ein wärmendes Kleidungsstück geteilt, sondern durch die Menschen, die unsagbares Leid erfahren mussten und die so viele Angehörige verloren haben, wurde uns Nächstenliebe, Licht und Wärme mitgeteilt. Die Anwesenheit der kirchlichen Würdenträger verschiedener Konfessionen, und der Menschen aus Politik und Wirtschaft, gaben als Hoffnungsträger den Feierlichkeiten eine Basis für die Zukunft.
Möge dieses, uns entgegengebrachte Vertrauen niemals enttäuscht werden. Mögen alle Menschen einander Verständnis entgegenbringen, und möge die Machtbesessenheit der Menschheit schnell an ihre Grenzen stoßen. Hoffen wir, dass der dunkle Punkt unserer Vergangenheit eines Tages wirklich als historisch angesehen werden kann.